Pirat G1635 Leila (55) & Lukas (13)

Ein toller Anblick

So sieht die Jolle heute aus, aber das war nicht immer so…

Vorwort von Malte Storn:
Diese Geschichte ist einfach unglaublich! 2015 kam Lukas(14) zum Holzpiratenfestival mit seinem eigenen Boot und erzählte allen Teilnehmern wie er ein Jahr zuvor als 13(!) Jähriger mit der Restaurierung seiner Jolle begonnen hatte.

Je länger er erzählte und uns die Bilder per Beamer zeigte, desto mehr stieg die Hochachtung vor der Leistung dieses Jungen. Die „Alten“ wussten sehr gut einzuschätzen was hier geleistet worden war von ihm und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Hut ab, Lukas! Es überrascht nicht, dass du gerne Bootsbauer werden möchtest und hiermit deine Empfehlung ablieferst. Einen aussergewöhnlichen Durchhaltewillen hast du gezeigt und eine grandiose Leistung! Doch nun lest selbst seinen Bericht:

Pirat G1635 Leila

Vorgeschichte:
Ich habe nie gedacht, dass ich in meinem Leben auf so eine tolle Jolle stoßen würde, wie der Pirat.
Zuerst habe ich Modellboote gebaut. Und dann habe ich zusammen mit meinem Vater angefangen alte Boote zu restaurieren. Als erstes habe ich mir eine kleine GFK Jolle gekauft.
Nachdem ich sie sorgfältig restauriert hatte, bin ich mit ihr den ganzen Sommer mit meinem Vater und meinem Bruder gesegelt. Mein Vater wollte aber mit dem Restaurieren von Booten aufhören, weil es sich finanziell nicht gelohnt hat. Dann war der Segelsommer auch schon um. Trotzdem war ich immer noch im Internet auf der Suche nach einem schönen Restaurationsobjekt. Ich entdeckte, dass ein alter Pirat für 350 Euro zu verkaufen war. Als ich eines Abends wieder im Internet war, war die Jolle zu verschenken. Ich rannte zum Telefon und wählte die Nummer. Als auf meine Frage: „Ist die Jolle noch zu haben?“ ein „Ja“ geantwortet wurde, bin ich innerlich in Jubel ausgebrochen.

Erste Begegnung:
Am Wochenende haben wir uns dann einen Autotrailer geliehen. Der Pirat musste wegen eines Umzuges schnell weg. Der Vorbesitzer, der etwas älter als ich war, hatte den Piraten zum Teil restauriert. Das Boot stand vorm Haus. Er hatte das Boot als gescheitertes Restaurationsprojekt verschenkt.
Von innen sah das Boot erschreckend aus. Der Schwertkasten war von beiden Seiten in der Mitte durchgerottet. Das Kiel war nass, weil das Boot mit einer (undichten) Plane abgedeckt war. Viele (fast alle) Spanten waren rott. Das Deck, Mast und die Bodenbretter waren rot lackiert. In den Spanten, die die Planken des Freibords halten, waren riesige Löcher gebohrt, so dass viele ganz durchgebrochen waren.

Der erste Arbeitsschritt
Eine Decksplanke wurde ausgebaut, weil diese am Stoß hoch gequollen war. Gleichzeitig habe ich bemerkt, das die Ecke am Heck auf der Steuerbordseite aus Spachtelmasse bestand. Diese wurde entfernt, zurecht gesägt und eine neue aus Eiche eingebaut. Ebenso eine neue Decksplanke.

Als nächstes haben ich dann den Schwertkasten in Angriff genommen. Dieser war locker und total rott. Ich habe die alten Pfropfen am Kiel herausgeholt, die großen, alten Messingschrauben, die den Schwertkasten halten, herausgeschraubt (wovon ein Paar abgerissen ist) und die alten Schrauben, die den Schwertkasten und die Spanten zusammen hielten, ausgebaut (was fast nicht möglich war).
Den Schwertkasten konnte ich mit einem kleinen Kuhfuß leicht vom Kiel lösen.
Diesen habe ich dann als Schablone genutzt und einen neuen Schwertkasten angefertigt.

Nach der Kontrolle der Spanten, stellte sich heraus, dass alle Spanten, die den Schwertkasten hielten, locker und rott waren. Auch waren die Spanten vor dem Schwertkastenschlitz (die unter dem Deck) rott und locker. Als ich dabei war, eine dieser Spanten auszubauen und mit der Heißluftpistole das Antifouling abbeizte, kam ein kleines Stück Planke zum Vorschein, welches mein Vorgänger ausgetauscht hatte. Leider war dieses Stück extrem rott, sowie das Holz herum auch. Nachdem ich dann ein größeres Stück Planke heraus nahm, habe ich die meisten Spanten heraus gebaut und neue Spanten hergestellt, sowie ein neues Stück Planke eingesetzt.

Mit der Heißluftpistole habe ich die Pfropfen, die die Schrauben der Spanten “verdecken“, freigelegt. Die Pfropfen wurden herausgeholt und die Schrauben herausgedreht, von denen die Hälfte abgerissen ist. Nachdem die Spanten alle draußen waren, habe ich die paar Lackreste, die noch zu sehen waren, mit er Heißluftpistole entfernt und alles abgeschliffen.

Dann kam auch schon der Schwertkasten ins Boot. Ich haben den Piraten waagerecht unterbaut und den Schwertkasten genau senkrecht mit angedickten Epoxidharz eingesetzt. Dann wurde er von unten mit dicken Edelstahlschrauben bombenfest ans Kiel geschraubt.

Die alten, total vergammelten Spanten wurden durch neue aus Eiche ersetzt. Die Mahagonispanten, auf den die Bodenbretter liegen, sind die Originalen geblieben.

Auch die zwei letzten Spanten wurden ersetzt.

Liebe Holzpiratenfreunde!
Wenn ihr auch vorhabt, euren Piraten mit der Heißluftpistole zu bearbeiten, dann kauft euch bitte eine Atemschutzmaske!!! Ich habe das ganze Freibord von innen und das ganze Unterwasserschiff mit der Heißluftpistole abgebeizt. Das war die schlimmste und unangenehmste Arbeit für mich an meinem Piraten.

Der schöne Mast wurde mit der Heißluftpistole vom roten Lack befreit. Ebenso wie der Baum.

Als der komplette Rumpf, sowie der Mast und Baum, mit Hand fertig geschliffen waren, ging es schon zum ersten Lackieren.

Das Boot lag mit Kiel nach oben, und so konnte man besser das Deck von unten, das Freibord von innen und den ganzen Bereich unter dem Deck schleifen. Auch konnte ich super das Deck von unten streichen. Leider war dies eine sehr giftige Arbeit. Weil ich keine Atemschutzmaske besaß, habe ich durch ein kurzes Stück Gartenschlauch geatmet.

Nachdem rotte und kaputte Stücke der Scheuerleiste ausgetauscht wurden, konnte das Freibord geschliffen und lackiert werden.

Nachdem das Schwert sowie die Baumgabel sandgestrahlt wurden, habe ich die Teile 3mal dick verzinkt und anschließend mit weißem Bootslack lackiert.

Leila wurde dann umgedreht, die Bilge ein letztes Mal fein geschliffen und die rotten Stellen mit Epoxidharz gestrichen. Ebenso wurden die Fugen der Stöße am Deck mit Epoxidharz-Spachtelmasse verspachtelt und die rotten Stellen mit Epoxidharz behandelt.

Die Bilge wurde lackiert.

Die Bodenbretter wurden mit der Heißluftpistole vom alten Lack befreit. Das fehlende Bodenbrett habe ich aus Esche neu gebaut.

Die Bodenbretter wurden gespachtelt, geschliffen und lackiert. Das Deck wurde erst mit dem Exenterschleifer geschliffen und danach ordentlich mit Hand. Dann folgte das Lackieren.

Nach ca. ein Jahr intensiver Arbeit, wurde der Pirat G 1635 auf dem Plöner- See zu Wasser gelassen und auf den Namen Leila getauft.

Mit erster Hilfe von Malte (holzpirat.org) und gründlicher Recherche über die Geschichte des Holzpiraten G1635, konnte ich sehr viel über meinen Piraten herausfinden. Inzwischen konnte ich 5 Vorbesitzer ermitteln. Mit 2 Besitzern stehe ich in Kontakt. Das Boot wurde 1959 in Hamburg von der Werft: F. Heuer gebaut und lag die ersten Jahren im Segelclub Blankenese. 1967 bekam das Boot einen neuen Besitzer und ging nach Bad Segeberg. 1996 wechselte Leila erneut den Besitzer und blieb bis ca. 2003 in Bad Segeberg. 2003 wurde sie an einen Bootsbauer aus Wedel verkauft. Dieser wollte das Boot eigentlich wieder auf Vordermann bringen. Ich schätze mal, dass das Boot längere Zeit (draußen) gestanden hat, bis es zu dem Vorbesitzer vor mir kam. Im September 2014 kam der Pirat G1635 dann in meinen Besitz. Ich habe nach der Restauration von Leila, überall nachgefragt, ob es vielleicht noch alte Unterlagen (Bilder, Messbrief,..) vom Boot gäbe. Erst sind 2 tolle Bilder von 1965 aufgetaucht, worüber ich mich sehr gefreut habe. Der originale Messbrief blieb aber erst verschollen.

Mit der Hilfe von Herrn Helmut Loos (DSV-Vermesser) gelang es mir vom DSV eine Kopie des Messbriefes zu erhalten. Im Dezember 2016 meldete sich einer der Vorbesitzer (mit dem ich in Kontakt stehe). Er hatte den Originalen Messbrief gefunden! Ich konnte dies erst nicht fassen! Dann bekam ich einen großen Umschlag per Post und hielt auf einmal den originalen Messbrief von 1959 in der Hand! Ich hätte nie gedacht, dass noch der alte Messbrief nach so vielen Jahren auftauchen würde.

Ich bedanke mich zuerst bei Malte. Mit Hilfe seiner richtig schönen Website holzpirat.org, die mir sehr bei der Restauration geholfen hat, hatte ich ein Ziel vor Augen. Mein Ziel war es, mit meinem Piraten zum Festival der Holzpiraten zu kommen und mit anderen Holzpiratenseglern meine Leidenschaft zu teilen (dies gelang 2015 siehe hier).

Auch bedanke ich mich bei Herrn Wolfgang Brauer, der mir bei der Recherche der Geschichte von Leila geholfen und mir die zwei alten Bilder gesendet hat.

Sehr bedanke ich mich auch bei Herrn Görg Rehberg. Er hat nach langer Suche, den originalen Messbrief meines Piraten gefunden und mir so eine unglaubliche Freude bereitet!

Lukas

7 Gedanken zu „Pirat G1635 Leila (55) & Lukas (13)

  1. Hallo, Lukas,
    Ich bin zufällig durch die Hanseboot auf holzpirat.org und damit beim Durchblättern
    auf Laila gestoßen. Großes Erstaunen und Freude.Ich bin der Erbauer des Piraten
    auf der Werft Heuer. Ich war damals 16 Jahre alt, als ich das Boot anfing zu bauen,
    nach Anleitung von Jürgen Heuer. Es war damals ein sehr schönes und schnelles
    Schiff (mehrere Preise). Der Messbrief wurde an den nächsten Eigentümer
    weitergegeben. Es bestehen einige Fotos von damals. Würde das Schiff gerne
    mal wiedersehen. Toll, was Du daraus wieder gemacht hast.
    Grüße aus Hamburg Gerd Weigelt

    • Moin Gerd,
      dass ist ja wieder mal eine unglaubliche Geschichte. Darf ich fragen wie durch die Hanseboot auf holzpirat.org aufmerksam wurdest?

      Lukas wird sich sehr freuen mehr zu seinem Boot zu erfahren.

      Schönen Gruß
      Malte

  2. Deinen Bericht, lieber Lukas, habe ich mit großem Interesse gelesen und gratuliere Dir sehr herzlich zu dieser außergewöhnlichen handwerklichen Leistung. Ich selbst bin am 01.09.2015 nach mehr als 45 Jahren als „Schreibtischtäter“ einer Bank in Rente gegangen und habe mir als Rentnerprojekt die Restaurierung eines Holzpiraten vorgenommen. Diesen habe ich gekauft und breits abgeschliffen. Den Schwertkasten baue ich gerade neu. Meine konkrete Frage ist die, was ich für welche Stelle am Piraten für einen Bootslack verwende, ob und wie ich das Holz vorbehandle, sodaß das Teil am Schluß wie ein schwimmendes Möbelstück aussehen wird. Für Deine Hinweise und Hilfestellung bedanke ich mich bei Dir, lieber Lukas, sehr herzlich. Mein Ziel ist es natürlich auch, am Festival der Holzpiraten teilzunehmen. Bisher habe ich aber keinen Schimmer vom Segeln. Ich könnte das Teil nicht ansatzweise segelfertig auftakeln.

    • Hallo Manfred,
      ich vermute du hast noch mehr Fragen und zum gemeinsamen Austausch bietet das Forum hier die Möglichkeit auch eigene Fotos hochzuladen. Vielleicht möchtest du dich da anmelden? Lukas ist auch schon dort sehr aktiv unterwegs.

      Viele Grüße, Malte

      PS: du hattest mich mal vor einiger Zeit angeschrieben. Es freut mich sehr, dass du weiter gekommen bist mit deinem Restaurierungsprojekt 🙂 Weiter so, und alles Gute! Würde mich freuen, wenn es klappt auf dem HPF im September 🙂

  3. Moinsen Lukas, meinen aller größten Respekt für deine Arbeit. Neben deinen super ausgeführten Restaurationsarbeiten komme ich mir wie ein kleiner Hobbyheimwerker vor. Nun das bin ich wohl auch. Ein toller Beitrag in Sachen“Restauration eines Holzpiraten“,danke,deine Bilder geben mir wieder einen Anstoß weiter zu machen. Ende der Winterpause!!! Das nächste Festival kommt und mein Boot ist dabei ! Freue mich Dich dann persönlich zu treffen. Gruß an alle Holzwürmer Sven⛵

  4. Hallo Lukas, heute habe ich mich sehr gefreut, dass Du einen Blog von Deiner Restaurierung geschrieben hast. Auch die Bilder sind schön. Es ist immer sehr interessant zu sehen, wie man so ein Boot wieder herrichten kann und da kannst Du ja ne Menge berichten.
    Viele Grüße
    Matthias

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