Pirat G451 Störtebeker

Die Restaurierung von Holzpirat G451 – Störtebeker (2000-2004)

 

Frage: was bedeutet es einen Holzpiraten zu restaurieren?

Antwort: schleifen, schleifen, schleifen und nochmals schleifen!

Viele winken schnell ab, wenn sie hören, dass 4 bis 6 Lackschichten schon nötig seien. Sicher, das ist für sich alleine schon eine Menge Arbeit, aber glauben Sie mir, es geht locker und mit einem großen Lächeln von der Hand, wenn man wochen- oder monatelang nur geschliffen hat im Dreck und sich den Rücken krumm gemacht hat. Wenn dann die Holzmaserung goldfarbend wieder zum Vorschein kommt und man das Plätschern von Wellen gegen den Holzrumpf hört, dann sind all diese Mühen es wert gewesen und schnell vergessen. Jene Gedanken haben mich Jahre durchhalten lassen, auch im sogenannten Jahrhundertsommer 2003 bei über 33 Grad Hitze in voller Arbeitsmontur mit Atemschutz. Wer vielleicht jetzt gerade dabei ist, dem sage ich: „Haltet durch, gebt nicht auf!“ Es gibt nichts Schöneres als die eigene restaurierte Holzjolle bei Sonnenschein mit warm glänzend Holz durch die Welle zu steuern und den ein oder anderen bewundernden Blick einzufangen!

Grobe Zeitschiene der Restaurierung von G451 Störtebeker

2000 (Winter) – Unterwasserschiff geschliffen und lackiert

2001 – keine Arbeiten wegen Umzug und fehlender Unterkunft für die Jolle

2002 – Deck am Bug und Heck entfernt, diverse Ausbesserungen und Schleifarbeiten

2003 – Schleifen des Innenschiffs, Mast, Baum, Lackieren

2004 – Restarbeiten, Bodenbretter, Beschläge

Zurück zum Anfang

Es war der schöne, markante und eckige Heckspiegel zweier vor mir segelnder Piraten (GFK) gewesen, die mit mir zusammen eines Tages beim Segeln auf der Kieler Förde hoch am Wind aufkreuzten. Diese schöne Form des Knickspantrumpfes hatte sich mir eingeprägt und kam wieder in Erinnerung, als ich dieses Inserat lass:

„Restaurierungsbedürftiger Pirat aus Holz günstig abzugeben – VHB 400,- DM“ – so oder so ähnlich lautete das Inserat seinerzeit im Herbst 2000.

Auf einem Hinterhof in Hamburg-Altona wurde ich fündig, wo die Jolle unter einer Bauplane auf einem uralten, nicht mehr zugelassenen Trailer lag. Ich war infiziert von dem Gedanken mir einen alten Traum vom eigenen Holzsegelboot zu verwirklichen. Der Holzpirat war zwar sehr heruntergekommen (teilweise abgeplatzter Lack und grau verwittertes Holz), aber soweit sichtbar von der Substanz noch gut erhalten.

Eine Woche ging ich „schwanger“ mit meiner fixen Idee. Wo unterstellen, traust du dir das zu, hälst du das durch? Schließlich war nur noch ein Gedanke: ich bin zwar kein Bootsbauer, habe aber zwei rechte Hände und wenn es dennoch schief geht, dann sind nur 400 DM zum Fenster raus – den Versuch ist es wert!

Mit Unterbrechungen habe ich alleine schließlich etwa 3 Jahre gebraucht und es ist auch nicht bei den 200 EUR geblieben. Das Ergebnis jedenfalls kann sich sehen lassen, alle Anstrengungen haben sich gelohnt. Ich habe seither viele schöne Stunden mit meinem Holzpiraten erlebt und freue mich noch auf alle die, die noch kommen mögen.

Unterwasserschiff abschleifen

Im Winter 2000 schliff ich das Unterwasserschiff ab und lackierte es vierfach. Diese Arbeiten gingen leicht von der Hand, konnte doch großflächig mit Exenterschleifer schnell gearbeitet werden bei umgedrehten Boot. In jenem Zustand ging es dann bei schneebedeckter Autobahn Richtung Süden. Das Streusalz setzte meinem neuen, verzinkten Trailer leider optisch sehr zu, aber der Umzug ließ sich nicht verschieben.

 

Schwertkastenreparatur

2001 ging für die Restaurierung quasi verloren durch den beruflich bedingten Umzug und fehlender neuer Unterkunft für das Boot. Erst 2002 ging es wieder richtig los mit der Restaurierung. Den Schwertkasten hatte schon einmal jemand durch einen Sperrholzbau ersetzt, der jedoch an der Innenseite „zu blühen“ begonnen hatte. Diese im Wasserbereich abgelöste Holzschicht musste mühevoll entfernt werden. Ein selbst gebauter Riesenspachtel erfüllte hier wertvolle Dienste. Epoxi dichtet seit dem den Schwertkasten erfolgreich ab. Innen wurde der Kasten damit „lackiert“ und am Kielschwert die Lücken ausgeschwemmt in einem Stück. Ich habe seit dem keinerlei Probleme mit Undichtigkeiten an diesen neuralgischen Punkt einer jeden Holzjolle.

[Nachtrag: das Thema Schwertkasten behandel ich nun ausführlicher auf einer eigenen Seite hier

 

Endlich: die erste Lackschicht

2002 und 2003 stand im Zeichen monatelang andauernden Schleifarbeiten im Innenschiff mit den vielen kleinen Flächen zwischen den Spanten – zwei Deltaschleifer und unzählige Schleifpapiere haben ihren Dienst insgesamt quitiert. Bis zu 7 Lackschichten galt es zu entfernen und kleinere Ausbesserungsarbeiten durchzuführen. Da war das Lackieren von 5 bis 6 Lackschichten eine Kleinigkeit und eine große Freude, fing doch das Holz nun wieder zu alten Glanz zu kommen.

 

Offenes Deck – Ausbesserungen

Für die unzugänglichen Bereiche im Bug und Heck ist es ungemein hilfreich, wenn man bei offenen Deck arbeiten kann. Zudem lernt man seine Jolle bis in die hintersten Ecken kennen. Mein Vorgänger hatte schon das Vordeck abgenommen, hier waren Ausbesserungen notwendig, um wieder eine Trittfestigkeit zu erzielen.

 

Bilder erzählen mehr als Worte daher folgen nun die Fotos der ersten Bestandsaufnahme im Vergleich mit den Bildern nach der Restaurierung. Die Qualität der „Vorher“-Bilder ist leider begrenzt, war es doch die Zeit als Digitalkameras noch zu teuer waren und alle Leute sich Flachbettscanner kauften und ihre Fotos einscannten.

Bildervergleich: Vorher vs. Nachher

 

Im Gegensatz zu heute gab es damals keine Internetseiten zum Thema Holzpirat Restaurierung. Da es mich beruflich zudem nach Frankfurt/Main verschlagen hatte, fehlten mir auch andere Holzpiraten als Vorlage, Hilfestellung oder gar Ansprechpartner. So begann ich seinerzeit meine Restaurierung als eigene Webseite ins Netz zustellen, der bald andere folgten. Über das Internet lernte ich so zwei andere Holzpirateneigner kennen, wir trafen uns schließlich persönlich und daraus entstand dann das „Festival der Holzpiraten“, welches ich noch heute mit Mike Bartels zusammen organisiere.

Auf dem Festival bekommt man das geboten, was mir seinerzeit sehr geholfen hätte:

  • zahlreiche Jollen zum Anfassen,
  • Eignern, die man befragen kann,
  • Fotos machen von den Jollen als eigene Vorlage,
  • einen intensiven Austausch zu diesem Hobby,
  • eine nette Gemeinschaft von Leuten, die genauso „verrückt“ sind,
  • eine Regatta, die es für diese alten Holzjollen nicht mehr gab.

Da alle Beschläge an meinem Holzpiraten abmontiert waren und nur noch Bohrlöcher die Lage erahnen ließ, wären mir Detailfotos eine große Hilfe gewesen, hierfür habe ich eine eigene Seite für Interessierte angelegt.

Ob es bei mir sich wirklich um den Pirat mit dem Segelkennzeichen G 451 handelt, wird wohl leider immer ungewiss bleiben. Mein Holzpirat hat leider keine Werftplakette oder eine werfttypische Einkerbung im Kielschwein. Ich bekam zwei alte Satz Segel (G 451 und G 1649) mit beim Kauf. Meine Recherchen führten mich zu dem Ergebnis, dass G 1649 ein Pirat von A&R sei und in der Nähe von Bremen gesichtet worden war. Beim Deutschen Seglerverband gibt es für G 451 einen Meßbrief der einen Eigenbau von 1950 ausweist.

 

Da mein Pirat weder Werftplakette, -merkmale noch die A&R typische Nut auf der Außenplanke am Rumpf aufwies, deutet alles eher auf den möglichen Eigenbau mit der Nummer G 451 hin. Einzig der Ruderkopf mit der eingeprägten 1649 Nummer spricht dagegen. Letzte Gewissheit gibt es nicht, die Segel könnten auch von einer anderen Jolle stammen – wer weiß. Mangels besseren Wissen entschied ich mich für die G 451 und taufte die Jolle 2004 anlässlich des ersten Festival der Holzpiraten auf den Namen „Störtebeker“ in Anlehnung an den bekannten Piraten der einst die Hansestädte an der Küste unsicher machte.

Erste Wasserung und Bootstaufe beim 1. Festival der Holzpiraten 2004

 

Mein ganz großer Dank geht an meine Frau, die all die Jahre so viel Verständnis aufbrachte, als ich mehrere Hundert Stunden weg war, um meinen ganz persönlichen Traum von der eigenen Holzjolle zu verwirklichen.

Frage: würde ich das Ganze noch einmal machen?
Antwort: definitiv ja, aber der Faktor Zeitbedarf würde mich vermutlich heute eine besser erhaltene Jolle auswählen lassen.

14 Gedanken zu „Pirat G451 Störtebeker

  1. Hallo Piratengemeinde,

    Tolle informative Webseite!

    Ich bin auf der suche nach einem Holzpiraten. keine Ruine aber gern reparaturbedürftig. Er was anzubieten kann mich gern mal anrufen.
    Jan 01511 9668851.

    Allen eine schöne Saison und immer ne Handbreit Wasser unterm Schwert!

  2. Hallo Malte,
    eine schöne Arbeit! Mir ist leider ein Missgeschick mit unserem Vereins-Piraten passiert: die gekrümmte Leiste, ich glaube sie heißt Remmleiste, ist durchgebrochen und muss nun ausgetauscht werden. Weißt Du vielleicht wie aufwendig das wird und mit welchen Kosten dabei zu rechnen ist? Ich fürchte, die muss speziell an den Bootsrumpf angepasst werden und das ganze Boot muss dafür zum Bootsbauer…
    Vielleicht hast Du da auch einen Empfehlung für den Raum Hamburg? Danke+Gruß!

  3. Hallo ihr Lieben,
    wenn jemand Interesse an einen Piraten hat könnte ich da auch noch einen beisteuern.
    Er ist komplett ausgestattet und müsste nur mal wieder überholt werden. Da ich auf´s Windsurfen umgestiegen bin fehlt mir die Zeit und die Lust. Bei Interesse einfach melden unter 0177-7360645 oder christina.peintner@web.de
    Liebe Grüße
    Tina
    PS. Biete das gute Stück auch in Einzelteilen an: Holzmast, Trailer, Ruderanlage, Segel usw.

  4. Hallo Werner,
    da Du einen Holzpiraten suchst bist Du bei mir an der richtigen Adresse.
    Wir beabsichtigen den Piraten zu veräußern.
    Wenn Du Interesse hast könnten wir ja Kontakt aufnehmen.
    Mein Sohn hat mit dem Piraten das Segeln gelernt und hat sein Hobby zum
    Beruf gemacht.
    Meine Telefonnummer 04952 7265 oder eben eine email (ottmareilts@t-online.de *).
    Mit freundlichem Gruß
    O.Eilts

    *Hinweis von Malte:
    Hallo Werner, ich habe deine Emailadresse eingefügt, da sie normalerweise nicht öffentlich einsehbar ist (gilt für alle Kommentarschreiber), hier ist es jedoch gewünscht.

  5. Moin Malte.
    Dein Bericht macht wieder Lust auf einen Holzpiraten. Ich hatte mir 1986 den Holzpiraten G802 von einem Mitglied des Mardorfer Segelclub gekauft und ihn bis 1994 regelmäßig gefahren. Dann war der Schwertkasten durch, Hausumbau und Nachwuchs standen an. Ich habe den Piraten trocken aufbewahrt und ihn notgedrungen 2004 verkauft. Er müsste eigentlich wieder am Steinhuder Meer sein.
    Nun meine Frage: Kennst Du einen Holzpiraten, der restaurierbar ist und zu verkaufen wäre ?
    Würde mich über eine Rückmeldung von Dir freuen.
    Danke.
    Liebe Grüße
    Werner

    • Moin Werner,

      freut mich sehr, dass dich meine Homepage auf den Geschmack gebracht wieder Holzpirat zu segeln 🙂 .
      Derzeit ist mir persönlich kein zu verkaufender Holzpirat bekannt in meinem Umfeld.
      Schau einfach bei ebay vorbei, das ist mittlerweile ein gängiger Weg.

      Schönen Gruß und melde dich, wenn du wieder „an Bord“ bei den Piraten bist.

      Malte

  6. Ich habe auch einen alten Holzpiraten, von dem ich mir schon länger erträume, ihn zu restaurieren. Der Trailer müsste generalüberholt werden, wenn nicht sogar neu gekauft werden. Das Boot selber ist in einem „relativ“ guten Zustand, da es schon einigen Zeit abgedeckt in seinem Bootsschuppen liegt. Ob die Beschläge noch vorhanden sind, weiß ich nicht genau. Das Boot ist in Familienbesitz, also entstehen keine Kosten durch den Kauf.
    Würdest du mir raten, es zu versuchen, oder lieber zu warten, bis ich größer bin (ich bin erst 16 Jahre alt)? Unterstützung hätte ich durch meinen Vater, der einen Segelschein hat, und durch meinen Großvater, der ebenfalls gerne segeln würde, wenn seine Frau nicht seekrank wäre ;).

    mfG Joern

    • Moin Joern,
      zunächst freut es mich sehr das du mit 16 Jahre ein so starken Wunsch hast euren Holzpiraten der Familie zu erhalten, das ist echt toll! Wenn du das schon länger träumst führt da, glaube ich, kein Weg vorbei – verwirkliche deinen Lebenstraum. Inwiefern du Unterstützung durch deinen Vater benötigst kann ich aus der Ferne nicht beurteilen, aber wenn er auch Segler ist könnte das doch ein schönes gemeinsames Hobby werden für euch, nicht wahr?

      Schaut euch den Piraten erst mal genauer an wie es mit dem aussieht, holt ihn aus dem Bootsschuppen, wischt den Staub ab und schaut was gemacht werden muss. Der Rest ist eine Frage von Aufwand in Zeit, Geld und Arbeit. Wie hoch dann die letzten „Hürden“ sind wird sich zeigen.

      Also, worauf wartest du?

      Ihr seid gerne eingeladen auch ohne Boot zum Festival zu kommen – holt euch Appetit bei uns. Das Herz schlägt höher, wenn man so viele Holzpiraten auf einem Haufen sieht. Danach wird sich deine Frage vermutlich schnell beantworten, denke ich.

      Schönen Gruß

      Malte

      PS: bitte melde dich mal wieder, ich bin gespannt wie es weiter geht mit dir.

      • Ahoi Malte,
        also wir holen ihn jetzt aus dem Schuppen zu uns nach Hause, da das Haus, wo er stand, verkauft wurde. Dann weiß ich endlich, wie es um ihn steht und mit wie viel Arbeit ich rechnen muss.
        Hast du eine Idee, wie wir das Boot samt Trailer (momentan defekt) aus dem Harz zu uns nach Hause bekommen?

        Liebe Grüße
        Joern

        • Moin Joern,

          wenn ihr nur einmal fahren wollt, kommt wohl nur das Leihen eines Autotransportanhängers in Frage auf den ihr Jolle samt Trailer aufladet. Viel Erfolg und meldet euch mal mit ein paar Bildern.

          • Ahoi Malte,

            nach einiger Zeit melde ich mich mal wieder!

            Mein Pirat steht jetzt seit ungefähr einem halben Jahr im Carport.
            Nach meinem Urteilungsvermögen ist er deutlich besser erhalten als manch anderer Pirat, von welchem ich die Restaurierung hier verfolgt habe (z.B. „Störtebecker“).

            Allerdings bin ich momentan noch in der Abiturphase und werde im September anfangen zu studieren.

            Daher meine Frage, wie es weitergehen soll…
            Ich nöchte den Piraten auf jeden Fall segeln, das steht fest!

            Nur fehlt mir IM MOMENT die Zeit und auch zumindest eine Grundlage an Wissen, um überhaupt mit der Restauration anzufangen…

            Auf Wunsch kann ich auch gerne Bilder bereitstellen!

            Liebe Grüße
            Joern

            P.S.: Vielleicht sieht man sich dieses Jahr beim Festival!

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