Die Jolle „Pirat“ wird 75

von Bernd Klabunde mit freundlicher Genehmigung.
Quelle: Förderverein Deutsche Museumswerft e.V.
Mitglieder-Zeitschrift No. 32 – Dezember 2012

 

Dieser Segelboottyp kann mit Fug und Recht als „Alte Dame“ bezeichnet werden, denn welche Jolle kann schon auf ein derart langjähriges und vielseitiges Leben zurückblicken. Die meisten der inzwischen „sehr erwachsenen“ Segler haben auf diesem Boot ihre Künste erlernt und mit und auf einem Piraten ihre „Segelbeine“ erhalten, ob sie später nun auf Regatten erfolgreich waren/noch sind oder sich nur als Freizeitskipper betätigten/noch betätigen.

Pirat Jolle

Pirat Jolle

Es war im Jahre 1938, als die Zeitschrift „Die Yacht“ einen Konstruktions-Wettbewerb ausschrieb, den dann Carl Martens gewann. Seitdem sind allein in unserem Land weit über 7.000 Piraten gebaut worden – ob nun auf einer Werft oder durch Eigenarbeit. Eine erhebliche Zahl dieser hergestellten Jollen ist nie beim DSV der BRD oder der entsprechenden Organisation der DDR registriert worden.

Natürlich haben sich die zum Bau notwendigen Materialien mit der Zeit verändert: wurde der Pirat bis in die 1960er Jahre in erster Linie aus Holz hergestellt, wobei es zuerst Vollholz war und man mit den Jahren immer mehr zu einem wasserfesten Bootsbausperrholz wechselte. Dann trat Kunststoff seinen Siegeszug (?) an. Wohl gab es anfangs noch viele Piraten, bei denen wenigstens die Decks aus (Sperr-)Holz waren, doch inzwischen entsteht diese Jolle komplett aus Kunststoff und für nur noch sehr, sehr wenige Neubauten wird Holz verwendet (Vollholz spielt dabei aber fast gar keine Rolle mehr).

Natürlich haben sich auch die Bauvorschriften geändert, doch sein Äusseres hat der Pirat zumindest optisch nicht verloren und ist nach wie vor als solcher zu erkennen.

Auch die Segel sind nur geringfügig in ihrem Schnitt verändert worden, doch war das Material anfangs Baumwolle, während es sich natürlich heute um künstliche Tuche handelt. Ebenfalls hat sich die Anzahl der Tuchbahnen der Segel sehr verringert. 

Holzpiratsegelbahnen

Holzpiratsegelbahnen

In der Anfangszeit – so zeigen es Photos – waren es bis zu 43 (!) Streifen, in den 1970er reduzierte sich die Zahl auf etwa 10 und heute gibt es Segel, die nur noch aus einem durchgehenden Tuch bestehen. Auch das bekannte Segelzeichen (das „Hackebeil“) hat Änderungen erfahren:

Hackebeile

Hackebeile

links eine der ersten Formen,die auf den Segeln von Piraten zu finden waren, rechts die heutige Form. Bei offiziellen Regatten ist die neue Form üblich.

So wie sich alles wandelt, so ist es auch bei der Jolle vom Typ Pirat geschehen – doch die Klassenvereinigung hat ein wachsames Auge darauf, dass die Veränderungen beim Piraten sich in Grenzen halten und diese Jolle weiterhin international vergleichbar gebaut werden kann und selbst die älteren Exemplare an Regatten teilnehmen können. – Übrigens zum Thema „international“: der Pirat ist – wenn auch nicht in jedem Land mit einer eigenen Klassenvereinigung vertreten – so doch in fast ganz Europa zu finden. Klassenvereinigungen gibt es zudem u.a. in der Türkei und sogar in Chile.

Angaben und Daten zum Piraten:

Es handelt sich um eine Jolle, die als ziemlich stabil und sicher zu bezeichnen ist und von Jung und Alt geichermassen gesegelt werden kann. Selbst für grössere Törns ist der Pirat geeignet, wenn man sich denn mit einer Zelt-Persenning, jeweils Luftmatratzen neben dem Schwertkasten und den üblichen Einfachheiten bei dem zur Verfügung stehenden Platz zufrieden gibt und die Seemannschaft beachtet!

Bauform: Knickspantjolle

Takelungsart: Sloop

Länge ü.A.: 5,00 m (Länge a.W.: 4,68 m)

Breite ü.A.: 1,61 m

Segelfläche: 10,00 qm

– davon Grossegel: 7,28 qm

– Vorsegel 2,72 qm

Masthöhe: 6,29 m (über Deck: 5,86 m)

Tiefgang ohne Schwert: 0,20 m

Tiefgang mit Schwert: 1,05 m

Gewicht: 218 kg (segelfertig)

Yardstikzahl: 110 (GFK), 113 (Holz, modern), 116 (Holz, alt)

 

Bodenbretter sichern

Diesen Tipp will ich schon lange weitergeben 🙂 . Im Falle einer Kenterung können die Bodenbretter im Holzpiraten rausfallen. Sie gehen zwar nicht unter, aber schwimmen nur dicht unter der Wasseroberfläche und sind schnell nicht mehr zu erkennen. Bis man seine Jolle wieder aufgerichtet hat (wenn überhaupt möglich) ist viel Zeit vergangen, und die Bodenbretter für immer außer Sichtweite. Ersatz ist dann mühsam selbst gebaut und teuer.

Gerd-Christian vom Holzpirat „Lynkeus“ G  1727 hat uns mal einen tollen Tipp zum Sichern der Bodenbretter gezeigt:

Wer hat auch einen schönen Holzpiraten-Tipp für mich? Ich freue mich über Hinweise, Kommentare und Fotos.

Flottillensegeln mit Holzpiraten – Lust dabei zu sein?

Gunnar und ich haben schon viele schöne Segeltörns gemeinsam erlebt. Wir „passen“ einfach sehr gut zusammen beim Segeln, wenn wir längere Zeit auf engen Raum sind und mit dem geringen Komfort des Jollenwandersegelns miteinander auskommen müssen.

Holzpiratflottille-mit-Malte-und-Gunnar

Holzpiratflottille mit Malte und Gunnar (v.li.)

Wir haben uns vor einigen Jahren vorgenommen jährlich gemeinsam im Holzpiraten für etwa eine Woche auf Segeltour zu gehen. Morgens nicht zu wissen wo man Abends anlegt und sein Zelt aufschlägt, was man am Tag erlebt, hat einfach einen großen Reiz neben den tollen Erlebnissen in der freien Natur.

2012 hatten wir dann die Idee, die Erlebnisse mit anderen Holzpiratenseglern zu teilen und haben spontan auf dieser Homepage nachfragt, ob jemand mitsegelt in Mecklenburg-Vorpommern (Ziel Rügen und seine Binnengewässer). Carsten meldete sich und stieß mit seinem Holzpiraten zu uns. Fünf Tage in Mecklemburg-Vorpommern wurden trotz regnerischen Wetters eine tolle Mini-Flottillen-Erfahrung. Das wollen wir wiederholen!

Da es unmöglich ist unter vielen Leuten einen gemeinsamen Termin und Segelrevier abzustimmen, gehen wir einfach wie folgt vor: Gunnar und ich planen für uns selbst den Wandersegeltörn und fragen dann per Email in dem Kreis der Interessierten nach, ob jemand zu dem Zeitpunkt und dem Revier mit dabei sein möchte. Wenn es mit anderen Holzpiraten klappt ist das prima, wenn nicht, dann vielleicht im darauffolgenden Jahr!

Wer also grundsätzlich Interesse hat mit seinem Holzpiraten mit uns zu segeln, bitte ich sich hier zu melden:

Fehler: Kontaktformular wurde nicht gefunden.

Scheunenfund – alten Holzpirat gefunden

Im Forum Busfreak.de hat jemand einen Scheunenfund einer Holzjolle mit vielen Bildern vorgestellt. Der Verweis eines Users auf holzpirat.org brachte mich zu jenem Foreneintrag. Die gezeigte Jolle ist ein mit einem Leichentuch versehener Holzpirat. Da steht viel Arbeit bevor, aber der Finder ist offensichtlich sehr guten Mutes und voller Elan. Wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja mal eines Tages auf dem Holzpiratenfestival. Ich drücke die Daumen.

holzpirat-Scheunenfund-BusfreakForum-2013-02-13

Quelle: postimage.org und hier

Wandersegeln in Friesland, Holland 1957

Absegeln 1956_200px

Neulich hinterließ Wolfgang Müller hier auf der A&R Baunummern Unterseite einen Kommentar, indem er erwähnte noch Logbücher aus seiner Jugendzeit um 1950 zu haben. Ich bat ihn mal nachzusehen und mir Unterlagen zu senden. Nach seiner ersten Zusendung „Absegeln 1956“ sendete er nun das Logbuch zu seiner dreiwöchigen Wandersegeltour in Friesland, Holland im Jahre 1957.

 

Hier also sein Logbuch:

 

holzpirat wandersegeln

Seite 21

Lesen Sie weiter im Logbuch auf der Seite Wandersegeln / Friesland 1957